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Sonntag, 18. August 2024 – Auf der Walz

Wer hät­te gedacht, dass die letz­ten Tage so abwechs­lungs­reich wür­de? Ich jeden­falls nicht.

Mein Kalender sah nur ein Abendessen mit Freunden und eine Chorprobe vor. Mein Leben hat­te ande­re Pläne mit mir.


Ja, das Abendessen mit Freunden fand statt. Damit war der Donnerstag schon mal gelungen.

Aus der Chorprobe am Freitag wur­de aber eine Chorprobe mit Nachgespräch, denn da sind Konzerte in der Planung, und sowas lässt sich nicht in fünf Minuten bespre­chen. Da die Bahn dann noch eher fuhr als in der App ange­zeigt, war ich am Ende dann andert­halb Stunden spä­ter im Bett als geplant, und somit genau genom­men erst am Samstag.

Am Samstag hat­te ich dann eigent­lich nichts vor außer aus­zu­schla­fen. Das klapp­te dann auch noch. Zum Abend wur­de ich aber von C. mit einem klei­nen Einkauf beauf­tragt. Der ende­te in einem zwei­stün­di­gen Ausflug in die benach­bar­te Großstadt, da von dort die Busse nur noch spo­ra­disch zurück fuh­ren. Statt des geplan­ten Abendessens (man wünsch­te sich Saté-Hähnchen eines chi­ne­si­schen Restaurants) muss­te man­gels Personals eine Alternative her.

So weit, so gut … wäre ich nicht im Bus nach Hause mit zwei Gesellen in Kluft (einer in blau, einer in schwarz) ins Gespräch gekom­men. Sie stan­den dort im Mehrzweckbereich und ver­such­ten aus dem halb dunk­len Display mit den künf­ti­gen Haltestellen schlau zu wer­den. Die dort genann­ten Orte waren auf ihrer Deutschlandkarte im Maßstab eins zu Wirklich-was-erkennen-kann-man-nicht ein­fach nicht zu fin­den. Das Gefühl ver­lo­ren zu sein, stand ihnen ins Gesicht geschrieben.

Das reich­te für vie­le im Bus, um bei bei­den mehr oder min­der unauf­fäl­lig zu beob­ach­ten. Als alter Couchsurfer, der in sei­ner Couchsurfing-Zeit mehr gehos­tet als gesurft hat­te, war ich statt­des­sen so frei, die bei­den ein­fach anzu­spre­chen. Ja, sie such­ten noch einen Platz zum Schlafen. Aus Kaiserslautern hat­ten sie erfolg­los ver­sucht her­aus­zu­kom­men, wes­we­gen sie nun im Bus saßen. Eigentlich woll­ten sie über Otterbach ganz grob in Richtung Norden, doch der Bus, in dem ich sie traf, fuhr weder nach Otterbach, noch nach Norden. West-Nord-West hät­te es eher getrof­fen, und wären sie an der Endhaltestelle ange­kom­men, wären sie heu­te von dort kaum mehr weg­ge­kom­men. Wie will man auch einen Rufbus rufen ohne Telefon? Und wel­che Nummer will man dann anru­fen, wenn man sie sich nicht an der Haltestelle notiert hat? Wer nimmt einen schon mit in einem 1.500-Seelen-Dorf, das zwar zwei Bäckereien, aber kei­ne brauch­ba­re Anbindung an irgend­et­was hat?

Sie hat­ten Schutzhütten im Sinn, doch das Beste (und Einzige), was mir ein­fiel, wäre ein zen­tral wie nichts gele­ge­ner Pavillon gewe­sen. Spätestens um halb sechs wären da die ers­ten Leute mit ihren Hunden vor­bei­ge­kom­men. Ein guter Platz für einen ruhi­gen Schlaf war das nicht. Also tat ich das, was ich am bes­ten kann für Leute, die ich gera­de ein­mal zehn Minuten ken­ne: Ich bot ihnen ein Zelt und unse­ren Garten an. Auch wenn ich nicht auf­ge­räumt hat­te, konn­te ich doch guten Gewissens C. vor­schie­ben, der ein­fach kei­ne frem­den Menschen über Nacht in der Wohnung haben möch­te. So unter­schied­lich kann man sein.

Doch das Zelt schien den bei­den zu rei­chen. Sie woll­ten bloß nicht nass wer­den, und dafür war es gut genug.

Nachdem ich also voll­ende­te Tatsachen geschaf­fen hat­te, frag­te ich dann auch mal die Nachbarschaft im Haus, ob das über­haupt okay wäre. Es war. Ich brach­te den bei­den Zelt und Isomatte und ein wenig Licht und wünsch­te ihnen eine gute Nacht. Würden wir uns am nächs­ten Morgen noch sehen: gut. Wenn nicht, könn­ten sie ein­fach alles ste­hen und das Zelt trock­nen lassen.

So ging ich also hoch. Es gab den alter­na­ti­ven Essensplan, und wäh­rend des Essen vor sich hin sim­mer­te, kram­te ich ein paar tou­ris­ti­sche Karten der Region aus mei­nem Fundus und zeich­ne­te eine paar in OpenStreetMap notier­te Schutzhütten ein. Wer weiß, wofür es gut ist.

Am nächs­ten Morgen muss­ten wir früh raus. Ich hing ihnen die Karten und eine klei­ne Notiz (mit einem Tipp für die wei­te­re Routenplanung) und einen klei­nen Schein ans Gartentor und wir ver­schwan­den auf den Hundeplatz. Als wir zurück­ka­men, waren die bei­den im Begriff zu gehen, und so konn­te ich mich von den bei­den noch ein­mal ver­ab­schie­den. Ich wüss­te ja gern, ob sie schon ihr Ziel erreicht haben.


PS: Am Nachmittag ging es noch zu mei­ner Schwester, denn ich hat­te noch ein Geburtstagsgeschenk für sie. Dazu gab es Kuchen und eine Roséwein, den ich als jemand, der kaum Roséwein trinkt, ihr unbe­dingt vor­stel­len woll­te. Und so zeigt sich wie­der ein­mal, dass in Gesprächen oft die bes­ten Ideen entstehen.

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