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Mittwoch, 19. Juni 2024 – Wenn es am schönsten ist

Die Kunst einen guten Abgang zu machen, beherr­schen nicht vie­le. Da sind die­je­ni­gen, die nicht los­las­sen kön­nen, bis ihnen ihre Rolle ent­ris­sen wird. Da sind die­je­ni­gen, die sich pflicht­be­wusst, aber amts­mü­de durch ihre letz­ten Jahre quä­len. Da sind die­je­ni­gen, die nahe­zu unbe­merkt ver­schwin­den, bis die Frage auf­kommt „Was macht eigent­lich sound­so?“ und unbe­ant­wor­tet bleibt. Da sind die­je­ni­gen, die im Groll alles hinschmeißen. 

Und dann sind da die­je­ni­gen, die bewusst den Schlussstrich zie­hen zu wis­sen, sei es, weil es gera­de am schöns­ten ist, oder weil sie mer­ken, dass sie ihren eige­nen Ansprüchen nicht mehr genügen.

In eine die­ser bei­den Kategorien fal­le ich mit mei­nen bis­he­ri­gen Abschieden auch, und es ist nicht die schmei­chel­haf­te­re der bei­den. Umso mehr zie­he ich mei­nen Hut vor den Missfits (die Älteren wer­den sich noch erin­nern an Matta und Lisbeth, an Frau Nölle und Frau Lehmann-Brack, an Cora von Ablaß-Krause und Gsielinde Geisiemeisie) und jetzt aktu­ell vor Malu Dreyer, ihres Zeichens künf­ti­ge Ministerpräsidentin a.D. von Rheinland-Pfalz, dem Bundesland, in dem ich lebe. 

Ich konn­te mir heu­te die Pressekonferenz zu ihrem Rückzug vom Amt der Ministerpräsidentin anschau­en. So sehr man Politiker*innen oft anmer­ken kann, dass sie meh­re­re Rollen aus­fül­len müs­sen (als Wahlkreisabgeordnete, als Parteimitglieder, als Funktionär*innen), die ab und an auch wider­stre­ben­de Ziele haben, dass sie bis­wei­len zuspit­zen müs­sen, um gehört zu wer­den, wäh­rend sie in ande­ren Situationen wort­reich nichts sagen dür­fen, weil sie auf­ein­an­der ange­wie­sen sind über den Moment der Empörung hin­aus, so sehr konn­te ich in die­ser Pressekonferenz doch eine Person erle­ben, die dar­über hin­aus nach vie­len, vie­len Jahren in der Politik noch immer für ihren Job brann­te. Brennt. Die noch immer lei­den­schaft­lich davon spricht, wie sie Dinge ver­än­dern kann anstatt die Umstände nur zu verwalten.

Insofern bin ich sehr gespannt, wie sich ihr desi­gnier­ter Nachfolger, Arbeitsminister Alexander Schweitzer, machen wird. Ich kann­te ihn bis­lang noch nicht, denn bis dato war ich schänd­li­cher­wei­se noch nicht in den Niederungen der rheinland-pfälzischen Landespolitik eingetaucht.

Vielleicht ist es jetzt ein guter Zeitpunkt, das zu ändern.

In der Demokratie gehört es sich nicht einen Karriereplan zu haben.

– Alexander Schweitzer, desi­gnier­ter Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, auf die Frage, ob er geplant hat­te Ministerpräsident zu werden

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