Die Kunst einen guten Abgang zu machen, beherrschen nicht viele. Da sind diejenigen, die nicht loslassen können, bis ihnen ihre Rolle entrissen wird. Da sind diejenigen, die sich pflichtbewusst, aber amtsmüde durch ihre letzten Jahre quälen. Da sind diejenigen, die nahezu unbemerkt verschwinden, bis die Frage aufkommt „Was macht eigentlich soundso?“ und unbeantwortet bleibt. Da sind diejenigen, die im Groll alles hinschmeißen.
Und dann sind da diejenigen, die bewusst den Schlussstrich ziehen zu wissen, sei es, weil es gerade am schönsten ist, oder weil sie merken, dass sie ihren eigenen Ansprüchen nicht mehr genügen.
In eine dieser beiden Kategorien falle ich mit meinen bisherigen Abschieden auch, und es ist nicht die schmeichelhaftere der beiden. Umso mehr ziehe ich meinen Hut vor den Missfits (die Älteren werden sich noch erinnern an Matta und Lisbeth, an Frau Nölle und Frau Lehmann-Brack, an Cora von Ablaß-Krause und Gsielinde Geisiemeisie) und jetzt aktuell vor Malu Dreyer, ihres Zeichens künftige Ministerpräsidentin a.D. von Rheinland-Pfalz, dem Bundesland, in dem ich lebe.
Ich konnte mir heute die Pressekonferenz zu ihrem Rückzug vom Amt der Ministerpräsidentin anschauen. So sehr man Politiker*innen oft anmerken kann, dass sie mehrere Rollen ausfüllen müssen (als Wahlkreisabgeordnete, als Parteimitglieder, als Funktionär*innen), die ab und an auch widerstrebende Ziele haben, dass sie bisweilen zuspitzen müssen, um gehört zu werden, während sie in anderen Situationen wortreich nichts sagen dürfen, weil sie aufeinander angewiesen sind über den Moment der Empörung hinaus, so sehr konnte ich in dieser Pressekonferenz doch eine Person erleben, die darüber hinaus nach vielen, vielen Jahren in der Politik noch immer für ihren Job brannte. Brennt. Die noch immer leidenschaftlich davon spricht, wie sie Dinge verändern kann anstatt die Umstände nur zu verwalten.
Insofern bin ich sehr gespannt, wie sich ihr designierter Nachfolger, Arbeitsminister Alexander Schweitzer, machen wird. Ich kannte ihn bislang noch nicht, denn bis dato war ich schändlicherweise noch nicht in den Niederungen der rheinland-pfälzischen Landespolitik eingetaucht.
Vielleicht ist es jetzt ein guter Zeitpunkt, das zu ändern.
In der Demokratie gehört es sich nicht einen Karriereplan zu haben.
– Alexander Schweitzer, designierter Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, auf die Frage, ob er geplant hatte Ministerpräsident zu werden