(Wieder mal ein Titel, der auf etwas anspielt.)
Wie man ruhigen Gewissens in diesen Zeiten noch fliegen kann, ist mir ein kleines Rätsel. Ich kann es jedenfalls nicht. Und doch bin ich geflogen. Schlechten Gewissens, aber doch, und auch nicht aus eigenem Antrieb.
Ergo bin ich jetzt in der Türkei, und auch wenn ich Urlaub dafür eingereicht habe und auch bis Freitag noch ein wenig Zeit zum Erkunden habe, so ist es doch nicht wirklich Urlaub, zumindest fühlt es sich nicht so an. Denn wen zieht es schon nach Ankara? Die meisten Urlaubenden aus Deutschland finden sich dann doch in Istanbul, an den Küsten oder in Kappadokien wieder. Und warum auch nicht? Es sind alles Orte, die einen sehr offensichtlichen Reiz haben. Ankara hingegen …
Ja, es ist die Hauptstadt. Aber sonst? Schon die Recherche im Internet ist mühsam. Entweder werden die immer gleichen drei bis fünf Attraktionen genannt, und man wird den Eindruck nicht los, dass die Seiten auch noch voneinander abgeschrieben haben – oder man versumpft bei Wikivoyage, wo allerlei Dinge genannt, aber nur in den allerseltensten Fällen auch verlinkt werden.
Findet man dann doch einen Link, sollte man über die Qualität der nun anzutreffenden Webseite besser einen Mantel des Schweigens legen. Wann und wo und wie und zu welchem Preis hier jedenfalls Busse fahren, lässt sich selbst mit viel Geduld kaum in Erfahrung bringen.
Wäre Ankara jetzt Kühbörncheshof, dann wäre mir das fast egal. Dort hält eh kein Bus, und dort leben auch nur 90 Leutchen. Doch Ankara ist die fucking Hauptstadt der Türkei, in der mehr Menschen leben als in Köln und Berlin zusammen. Das Saarland könnte man zehnmal in Ankara verstecken und dann hätte man immer noch Platz für ein Wolfratshausen.
Hier steht die Villa des Staatsgründers Kemal Atatürk und hier wurde er begraben. Hier steht das Parlament und eines der bedeutendsten archäologischen Museen. Doch zu Fuß und mit Türkisch-Sprachkenntnissen schlechter als Sprachniveau A2 finde es extrem herausfordernd, auch nur einen Hauch davon entdecken zu können. (Das geht gegen dich, Duolingo. Ich habe bis jetzt noch keinen Grund gefunden, jemandem zu sagen „Das ist eine kleine Schildkröte.“)
Apropos herausfordernd: Ankara hat mehr Hügel als Rom, Athen, Edinburgh und Seven Hills, Ohio, zusammen, und jeder einzelne ist steiler als die Mauer von Geraardsbergen. Das macht bei dreißig Grad und Sonnenschein zwar keinen Spaß zu erlaufen, sorgt aber immer mal wieder für grandiose Aus- und Einblicke.
PS: Das Fliegen kann eigentlich weg. Den Großteil des Montags haben wir mit Warten verbracht, und wenn man dann um Mitternacht mit 180 Leute in einer geschlossenen Kabine darauf wartet starten zu dürfen, während man eigentlich schon längst im Landeanflug sein sollte, dann wünscht man sich überall zu sein, nur nicht dort, wo die frisch angesaugte Außenluft kerosingeschwängert, die Rückenlehnen so dick wie ein Kronkorken und die flüsterleisen neuen Triebwerke ohrenbetäubend sind.
PPS: Das Einzige, was mich am Fliegen reizt, sind die Turbulenzen – aber für das Gefühl kann ich auch auf eine Achterbahn gehen.