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Dienstag, 30. Juli 2024 – Edinburgh is very hilly

(Wieder mal ein Titel, der auf etwas anspielt.)

Wie man ruhi­gen Gewissens in die­sen Zeiten noch flie­gen kann, ist mir ein klei­nes Rätsel. Ich kann es jeden­falls nicht. Und doch bin ich geflo­gen. Schlechten Gewissens, aber doch, und auch nicht aus eige­nem Antrieb.

Ergo bin ich jetzt in der Türkei, und auch wenn ich Urlaub dafür ein­ge­reicht habe und auch bis Freitag noch ein wenig Zeit zum Erkunden habe, so ist es doch nicht wirk­lich Urlaub, zumin­dest fühlt es sich nicht so an. Denn wen zieht es schon nach Ankara? Die meis­ten Urlaubenden aus Deutschland fin­den sich dann doch in Istanbul, an den Küsten oder in Kappadokien wie­der. Und war­um auch nicht? Es sind alles Orte, die einen sehr offen­sicht­li­chen Reiz haben. Ankara hingegen …

Ja, es ist die Hauptstadt. Aber sonst? Schon die Recherche im Internet ist müh­sam. Entweder wer­den die immer glei­chen drei bis fünf Attraktionen genannt, und man wird den Eindruck nicht los, dass die Seiten auch noch von­ein­an­der abge­schrie­ben haben – oder man ver­sumpft bei Wikivoyage, wo aller­lei Dinge genannt, aber nur in den aller­sel­tens­ten Fällen auch ver­linkt werden.

Findet man dann doch einen Link, soll­te man über die Qualität der nun anzu­tref­fen­den Webseite bes­ser einen Mantel des Schweigens legen. Wann und wo und wie und zu wel­chem Preis hier jeden­falls Busse fah­ren, lässt sich selbst mit viel Geduld kaum in Erfahrung bringen.

Wäre Ankara jetzt Kühbörncheshof, dann wäre mir das fast egal. Dort hält eh kein Bus, und dort leben auch nur 90 Leutchen. Doch Ankara ist die fuck­ing Hauptstadt der Türkei, in der mehr Menschen leben als in Köln und Berlin zusam­men. Das Saarland könn­te man zehn­mal in Ankara ver­ste­cken und dann hät­te man immer noch Platz für ein Wolfratshausen.

Hier steht die Villa des Staatsgründers Kemal Atatürk und hier wur­de er begra­ben. Hier steht das Parlament und eines der bedeu­tends­ten archäo­lo­gi­schen Museen. Doch zu Fuß und mit Türkisch-Sprachkenntnissen schlech­ter als Sprachniveau A2 fin­de es extrem her­aus­for­dernd, auch nur einen Hauch davon ent­de­cken zu kön­nen. (Das geht gegen dich, Duolingo. Ich habe bis jetzt noch kei­nen Grund gefun­den, jeman­dem zu sagen „Das ist eine klei­ne Schildkröte.“)

Apropos her­aus­for­dernd: Ankara hat mehr Hügel als Rom, Athen, Edinburgh und Seven Hills, Ohio, zusam­men, und jeder ein­zel­ne ist stei­ler als die Mauer von Geraardsbergen. Das macht bei drei­ßig Grad und Sonnenschein zwar kei­nen Spaß zu erlau­fen, sorgt aber immer mal wie­der für gran­dio­se Aus- und Einblicke.


PS: Das Fliegen kann eigent­lich weg. Den Großteil des Montags haben wir mit Warten ver­bracht, und wenn man dann um Mitternacht mit 180 Leute in einer geschlos­se­nen Kabine dar­auf war­tet star­ten zu dür­fen, wäh­rend man eigent­lich schon längst im Landeanflug sein soll­te, dann wünscht man sich über­all zu sein, nur nicht dort, wo die frisch ange­saug­te Außenluft kero­sin­ge­schwän­gert, die Rückenlehnen so dick wie ein Kronkorken und die flüs­ter­lei­sen neu­en Triebwerke ohren­be­täu­bend sind.

PPS: Das Einzige, was mich am Fliegen reizt, sind die Turbulenzen – aber für das Gefühl kann ich auch auf eine Achterbahn gehen.

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