Kategorien
*.txt

14.txt | Gewissen

Vorwort: Dies ist der vier­zehn­te Teil eines grö­ße­ren Projekts. Ich möch­te im Rah­men von *.txt an die­sem Anfang immer wei­ter schrei­ben. Eine Idee habe ich im Kopf, aber wohin *.txt mich beglei­ten wird, das weiß ich nicht. Ich bin gespannt. 

Ich glau­be, ich habe dich getö­tet. Erwürgt. Ich habe es geplant und ver­wor­fen und neu geplant. Wollte doch, ersti­cken, erträn­ken, vor einen Zug schmei­ßen, erwischt wer­den und uner­kannt blei­ben.
Ich habe es geplant, dein Vertrauen miss­braucht. Ich habe dich gefickt, nein, „gepfählt“ war das Wort, das du immer gebrauch­test, wenn ich dich mal ficken durf­te, und doch nur dar­an gedacht, dir dei­nen Kehlkopf zu zer­drü­cken, bis du nicht mehr röchel­test.
Ich bin ein Monster, denn für Monster hal­te ich jene, die so sind wie ich.

Dein Bruder hat dich ver­göt­tert, denn du zeig­test ihm, was Selbstbewusstsein heißt. Erst jetzt kann ich das sehen. Du wirst ihm feh­len, so wie du mir auch fehlst, nur anders. Für ihn warst du cool, denn du warst schwul und den­noch bei allen beliebt. Du hast den ande­ren gezeigt, wo es lang ging ohne ihnen ihre Meinung oder ihren Willen zu neh­men. Du hast die ande­ren respek­tiert und unter­stützt. Wo ich ihre klei­nen Geheimnisse kann­te und brauch­te, um mei­nen Einfluss nicht zu ver­lie­ren, warst du ein­fach nur gut und damit noch erfolg­reich, erfolg­rei­cher als ich, denn unter­schwel­lig hat­ten die meis­ten wohl ein­fach nur Angst vor mir. Du wirst uns allen feh­len, mir aber aber nicht, denn ohne dich wer­de ich nicht mehr der Bad Guy sein, schon weil ich mich man­gels dei­ner Gegenwart nicht mehr in dei­ner Gegenwart so füh­len werde.

Doch, du wirst mir feh­len, sehr sogar. Jetzt muss ich alles wie­der allein schaf­fen. Scheitern konn­te ich nur zu gut, doch erst mit dir fand das ein Ende.

Scheiße, du fehlst mir, Herz! Nichts brennt mehr in mir.

Wei­te­re Bei­trä­ge fin­det ihr bei Domi­nik.

Die vori­gen Tei­le mei­ner Geschich­te fin­det ihr hier.

Kategorien
*.txt

13.txt | verstehen

Vorwort: Dies ist der drei­zehn­te Teil eines grö­ße­ren Projekts. Ich möch­te im Rah­men von *.txt an die­sem Anfang immer wei­ter schrei­ben. Eine Idee habe ich im Kopf, aber wohin *.txt mich beglei­ten wird, das weiß ich nicht. Ich bin gespannt. 

In mei­nem Leben vor dir war alles anders, alles ein­fach. Ich wuss­te, wer die Guten sind und wer die Böse, auf wel­cher Seite ich zu ste­hen hat­te und auf wel­cher Seite ich stand. Ich hat­te einen Standpunkt und einen Horizont, eine Haltung und eine Meinung. Ich war mir ihr gewiss und sie mir sicher. Ich wuss­te, wer ich war.
Doch all das ließ ich mit mei­nem Leben vor dir, mei­nem fünf­ten, zurück. Ich war ein Schwerenöter gewe­sen, ich spiel­te ihn nicht nur, wie ich es seit­her tat. Sex oder Liebe, ich konn­te einen kla­ren Cut machen und so man­ches jun­ge Dinge ließ ich über die­se Klinge sprin­gen. Nur weni­ge schlitz­ten mir damit die Kehle auf, aber kei­ne von ihnen soll­te ich über­le­ben – und kei­ne mich.
Auf die Idee, mei­ne Seelenmauer mit einem Rasiermesser zu atta­ckie­ren, kamen nur die wenigs­ten, aber sie alle waren fast erfolg­reich. Risse füg­ten sie ihr zu, eine tie­fer als die ande­re und nach jeder die­ser Vorgängerinnen ver­narb­te ich mei­ne Mauer noch fes­ter, aber kaum da ich dei­ne Klinge blit­zen sah, wur­de sie mir unwi­der­steh­li­cher Magnet und ich stürm­te auf dich zu.
Noch ehe mein Kopf wuss­te wie ihm geschah, hat­te mein Körper sei­nen Nordpol gefun­den und ich hass­te dich für die­se Kursänderung zum ande­ren Ufer.

Ich fand es geil nach dem Sport mit dir zu duschen und schäm­te mich für mei­nes Körpers Reaktion. Warum du? Die ande­ren Jungs waren mir doch auch egal, und wenn es einer neben mir zum Model geschafft hät­te, dann einer von ihnen, aber doch nicht du! Mit nicht ein­mal 24 hat­test du fast schon kei­ne Haare mehr auf dem Kopf – ein Schicksal, das sich schon in der Oberstufe nur all­zu deut­lich ange­deu­tet hat­te –, was dein Körper aber an fast allen ande­ren Stelen zu kom­pen­sie­ren ver­stand. Für einen Dreitagebart brauch­test du kei­ne vier­und­zwan­zig Stunden. Deine Arme schim­mer­ten rost­rot bis auf den Handrücken, und wo dein Bart im v‑förmigen Ausschnitt dei­ner T‑Shirts – immer trugst du T‑Shirts – ver­schwand, begann die schöns­te aus Haaren ent­stan­de­ne Haarspur, der ich je zu ihrem Ende gefolgt bin. Ja, du warst schlank, aber sport­lich oder mus­ku­lös hät­te dich nie­mand mehr genannt, wenn er dich ein­mal auch nur oben ohne gese­hen hät­te. Ja, du hat­test Ausdauer, nicht zu knapp (o, wie mein Körper noch jetzt auf die­sen Gedanken reagiert), und eine gehö­ri­ge Kraft war dir auch nicht fremd, aber man sah es dir nicht an. Ein Otter im Fuchspelz warst du, mein Otter mit den hasel­nuss­brau­nen Augen, und ich habe dich gehasst für dei­ne Wirkung auf mich, mein gan­zes sechs­tes Leben lang.
Erst jetzt begrei­fe ich mein Vermissen, mei­nen fast schon kör­per­li­chen Schmerz ob des Verlustes dei­ner Person. Noch nie habe ich es gedacht oder gesagt, aber ich glau­be, ich bin schwul, zumin­dest in die­sem Leben. Vielleicht ist es nur eine Phase.
Mein ange­le­se­nes Schulwissen sagt, es ist okay, es ist nicht schlimm, aber den­noch habe ich Angst. Ja, du hät­test mich ver­stan­den, du schon, doch wer noch? Ich kapier’ es nicht. Wie konn­te ich mich so sehr ändern? Was ist der Grund? Gibt es für mich noch einen Weg zurück? Ich den­ke nicht.

Wei­te­re Bei­trä­ge fin­det ihr bei Domi­nik.

Die vori­gen Tei­le mei­ner Geschich­te fin­det ihr hier.

Kategorien
*.txt

12.txt | Rausch

Vorwort: Dies ist der zwölf­te Teil eines grö­ße­ren Projekts. Ich möch­te im Rah­men von *.txt an die­sem Anfang immer wei­ter schrei­ben. Eine Idee habe ich im Kopf, aber wohin *.txt mich beglei­ten wird, das weiß ich nicht. Ich bin gespannt. 

Ich füh­le mich wie ein kal­ter Truthahn. Gerupft bin ich, gestopft mit feins­ten Gewürzen und dem Apfel vom Baum der Erkenntnis. Ich brau­che kei­nen Spiegel, um mich selbst zu sehen wie ich bin: nackt.
Nichts ist mehr übrig von dem, für den ich mich hielt, als ich noch alles unter Kontrolle hat­te, als ich dir noch aus der Hand fraß. Nein, falsch. Als du mir aus der Hand … fuck. Schon da hat­te ich nichts mehr im Griff. Offenbar. Weißt du noch, wie wir … wie du … wie ich …? Weißt du noch? Gestern erst … ich habe mich echt gefreut dich wie­der­zu­se­hen, wirk­lich. Es war nicht so sehr gespielt wie ich es geplant hat­te, not at all. Und jetzt?
Von einem Moment auf den ande­ren springt mei­ne bon­bon­far­be­ne Wahrnehmung um auf mono­chrom, läuft der Film von vor­ne ab, springt vor und zurück, sucht hek­tisch die Momente, da mei­ne dir gezeig­te Zuneigung nur Show war und fin­det sie nicht. Und fin­det sie nicht. Nur ech­te, wah­re Verfallenheit ist da, wo ich Illusion gese­hen haben woll­te, und jetzt ste­he ich da in mei­nem, ach, so kur­zen Hemd und nichts ist mehr da von dir, nur die Erinnerung an bes­se­re Zeiten. Ich zit­te­re, mir ist nicht kalt; es schneit und ich sit­ze hier im T‑Shirt. Warum?
Ich ver­ste­he nichts, auch das nicht. Gerade erst war Sommer, mein Eis hal­te ich noch in der Hand und noch immer schme­cke ich den Pfirsich. Ich füh­le mich wie ein kal­ter Truthahn. Ich weiß genau: Kommt erst die Wärme zurück, ist es um mich gesche­hen – und so lau­fe ich, nur fort aus Teufels Küche.
Das geht gut, so ohne Gepäck.

Wei­te­re Bei­trä­ge fin­det ihr bei Domi­nik.

Die vori­gen Tei­le mei­ner Geschich­te fin­det ihr hier.

Kategorien
*.txt

11.txt | Schwermut

Vorwort: Dies ist der elf­te Teil eines grö­ße­ren Projekts. Ich möch­te im Rah­men von *.txt an die­sem Anfang immer wei­ter schrei­ben. Eine Idee habe ich im Kopf, aber wohin *.txt mich beglei­ten wird, das weiß ich nicht. Ich bin gespannt. 

Ja, da war ich wirk­lich, da war ich ich. … Aber … wenn ich damals ich war, wer bin ich jetzt? Sollte ich nicht wie­der ich sein zu Beginn die­ses neu­en Kapitels mei­nes Lebens? Warum bin ich es nicht?
Mein Neuanfang ist gar kei­ner, son­dern nur ein bis auf wei­te­res auf­ge­scho­be­nes Ende mit Schrecken im Anschluss an Schrecken ohne Ende, denn hin­ter allem stehst du, über allem liegt dein Schatten, in des­sen Erinnerungen ich mich suh­le. Kaum zu glau­ben, zumin­dest nicht für mich, aber du fehlst mir. Dein Lachen fehlt mir, dei­ne Kitzeligkeit, dei­ne Gabe, mich mit schlech­ten Wortspielen zu erhei­tern, dein Blick, ja, dein Blick … o, schau mich nicht so an wie ein waid­wund geschos­se­nes Bambi, du weißt doch, dass ich dir doch nichts aus­schla­gen kann. Sag noch ein­mal „Bück dich.“ mit die­ser so ver­rauch­ten Stimmen, so wird mei­ne Seele gesund, fick mich noch ein­mal tief und ich wer­de alles beich­ten, alles, wirk­lich alles, jedes ein­zel­ne Wort, mit dem ich den Pflock in dein unschul­di­ges Herz ramm­te. Gib mir nur noch ein­mal, wonach ich mich so sehr ver­zehr­te, wonach ich mich so lan­ge sehn­te. Mach mich frei! …
Sei mein Heiland und steh wie­der auf, schlag die Bettdecke zurück, unter der du gera­de aus­kühlst, und erlö­se mich aus die­sem Idyll, das ich nicht aus­hal­te, aus die­sem Kartenhauslabyrinth, das nicht ein­stür­zen will wie ich es geplan­te habe, son­dern Fundamente schlägt in soli­dem Grund.

Es ist ein Zug, der dich ver­treibt, ein brem­sen­der Güterzug, der jeden kla­ren Gedanke über­schrillt. Nun bist du fort, erneut, viel­leicht für immer … doch eigent­lich bin es doch ich. Ich habe dich ver­lo­ren, ich fin­de mich nicht mehr. Hilf mir! Hilf!

Wei­te­re Bei­trä­ge fin­det ihr bei Domi­nik.

Die vori­gen Tei­le mei­ner Geschich­te fin­det ihr hier.

Kategorien
*.txt

10.txt | Glück

Vorwort: Dies ist der zehn­te Teil eines grö­ße­ren Projekts. Ich möch­te im Rah­men von *.txt an die­sem Anfang immer wei­ter schrei­ben. Eine Idee habe ich im Kopf, aber wohin *.txt mich beglei­ten wird, das weiß ich nicht. Ich bin gespannt. 

Limettengrün matscht es vor mir, wäh­rend grün­blau­grau glit­zernd der Rhein dazu sein wuch­ti­ges Fundament spen­det. Den Zug habe ich ver­las­sen, mei­nen Rucksack auch. Ein Eishörnchen in der rech­ten Hand hal­tend sit­ze ich im Schneidersitz auf einer Bank, wo mein ver­irr­tes Haupt mei­nen Schoß beschat­tet. Eigentlich ist doch alles gar nicht so schlecht. Oder?

Wenn mich einer frag­te, wonach der Sommer schmeckt, ich wür­de ihm „Nach Pfirsicheis.“ erwi­dern, aber mich fragt ja nie­mand. Jetzt wür­de ich ihm ohne­hin etwas ande­res ent­geg­nen, denn mei­ne ein­zi­ge Antwort bist der­zeit du. Woher ich kom­me? Von dir. Wer ich bin? Der Deine. Was ich hier mache? Dich statt der limet­ten­grü­nen Matsche sehen und debil grin­sen. Weißt du noch, wie du mir ins Pfirsicheis gestol­pert bist und ich dich des­we­gen küs­sen muss­te? Wir hat­ten bei­de gedacht, es hät­te nie­mand gese­hen, und waren in schal­len­des Gelächter aus­ge­bro­chen. Völlig albern, völ­lig los­ge­löst aus einer Welt, in der alles mög­lich war, wenn wir nur woll­ten, und wir woll­ten es. Dass ich dich mit schnö­dem Klappensex ent­jung­fern wür­de … tja. Es pass­te mir sehr. Dass du in den nächs­ten Tage Mühe beim Sitzen haben wür­dest. auch; gleich­wohl ich es dir gegen­über natür­lich bedau­er­te, aber da warst du auch der ein­zi­ge für. Wie du dich danach ver­such­test schmerz­frei auf dem Sattel nie­der­zu­las­sen, weil wir ja noch zurück­fah­ren muss­ten … in mir lächelt es noch jetzt. Da war ich wirklich … 

Wei­te­re Bei­trä­ge fin­det ihr bei Domi­nik.

Die vori­gen Tei­le mei­ner Geschich­te fin­det ihr hier.