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Sonntag, 27. Oktober 2024 – About Eve

Überstundenwochen sind kei­ne guten Wochen für täg­li­ches Bloggen. Sie wären es viel­leicht, wenn ich kein Privatleben hät­te, aber das schei­tert schon dar­an, dass ich einen Hund und einen Freund habe. Es gibt Schlimmeres.

Allerdings mer­ke ich auch für mich, dass ich inzwi­schen an einem Punkt ange­kom­men bin, an dem ich die Distanz zwi­schen der Aussage man­cher „Wenn Arbeitgeber ehr­lich wären“-Reels und mei­ner Haltung zu ihnen schwin­den sehe.


Doch auch eine ande­re Distanz sehe ich schwin­den, näm­lich die zwi­schen mir und einem eige­nen Lastenrad. Den Wunsch nach einem Rad, das etwas mehr als nur den Inhalt zwei­er Taschen trans­por­tie­ren kann, hege ich ja schon etwas län­ger … so unge­fähr seit mei­nem drei­ßigs­ten Geburtstag, für den ich extra einen Raum im Bahnhof Vohwinkel ange­mie­tet hat­te; mit das Unnötigste, was ich hät­te tun kön­nen, doch das dafür aus­ge­lie­he­ne Bullitt, war die bes­te Ausleihe, die ich hät­te täti­gen können. 

Überhaupt, Wuppertal. Wer hät­te gedacht, dass es Wuppertal sein wür­de, von dem vie­le sagen, mit sei­ner ber­gi­gen Topografie kön­ne es nie­mals Fahrradstadt wer­den, das in mir den Wunsch nach einem Lastenrad wecken wür­de? Doch das kann nur bezwei­feln, wer Wuppertal nicht kennt und Münster für das Fahrradmekka Deutschlands hält. Gut, in Münster fah­ren vie­le Leute Leeze, doch ich bin noch immer davon über­zeugt, dass sie das oft nur trotz der Fahrradinfrastruktur tun, die sich wahr­lich bemüht, regel­kon­for­mes Radfahren zu ver­hin­dern. Wuppertal hin­ge­gen macht gar kei­nen Hehl dar­aus, dass es nicht kein per­fek­tes Pflaster für Fahrräder ist. Und doch: In der Talachse lässt sich die gan­ze Stadt von Ost nach West durch­que­ren, und für die Höhen gibt es mitt­ler­wei­le Pedelecs. Die Entstehung der Nordbahntrasse als über 20 Kilometer lan­ger durch­ge­hen­der Radweg und Begegnungsraum ist ein Symbol dafür, was eine Bürgerschaft errei­chen kann, wenn sie Ideen hat und sich enga­giert. Rund um den Mirker Bahnhof sind so vie­le Leute zu fin­den, die sich für ihre Stadt inter­es­sie­ren, die ihre Ideen in die Stadtentwicklung ein­brin­gen möch­te, dass es eigent­lich kein Wunder ist, dass sich dort mit Fienchen ein Lastenrad ansie­del­te, das inzwi­schen drei­zehn (!) Geschwister bekom­men hat, die in der gan­zen Stadt ver­teilt zu fin­den und auf Spendenbasis zu mie­ten sind.

Wuppertal also, Fienchen, das Team der Fahrradstadt Wuppertal, die Critical Mass … die alle sind mit dafür ver­ant­wort­lich, dass ich ein Lastenrad fah­ren will, und dafür muss ich ein­fach mal „Danke“ sagen. 

Danke also, dass ich nach sie­ben Jahren des Abwägens und Probefahrens (hier ein Bullitt, da ein Cargobike Monkey, hier ein HNF CD1, dort eine Dolly …) am Freitag einen Anruf aus Kriebstein bekom­men durf­te, in dem ich mit Clemens Kircher die Details mei­nes Iumentum 1890 durch­spre­chen konn­te. Ick freu mir so auf Lina Cargorossa. 

Lina Cargorossa? Well. Das Kind brauch­te einen Namen, und was liegt näher in der Nähe Kaiserslauterns, als das Kind nach dem Kaiser zu benen­nen, der dort sei­ne Pfalz errich­te­te? Nur – wie will man dann erklä­ren, dass ein gel­bes Rad nach einem Kaiser mit einem roten Bart benennt? Indem man ganz schnell auf den Vornamen des Rades zu spre­chen kommt. Lina also, nach Lina Pfaff, die in der Geschichte der Nähmaschinenfabrik Pfaff und des sozia­len Wohnungsbaus in Kaiserslautern eine ent­schei­den­de Rolle spielte.


Und dann war da noch Eve. Eigentlich woll­ten wir uns nur ein biss­chen Eis vom Automaten holen, da das Eis im Gefrierfach Schwindsucht hat­te. Doch wäh­rend wir da vor dem Automaten stan­den, an der Bushaltestelle in Schwedelbach, und unse­re Auswahl tra­fen, wur­den wir von einer Frau ange­spro­chen. Ob wir denn Englisch sprächen? 

Eve kam aus den USA. Sie hat­te ihren jüngs­ten Sohn und des­sen schwan­ge­re Frau besucht, doch als es awk­ward wur­de (no jud­ge­ment here), hat­te sie ihre Sachen gepackt, und war nun mit Rucksack und gro­ßen Taschen auf dem Weg zu einem Biker aus Belfast in Nordirland, den sie auf sei­ner Suche nach allen Belfasts die­ser Welt bei sich zuhau­se im Bundesstaat New York ken­nen­ge­lernt hat­te. Also: sie woll­te nicht nach Belfast, sie woll­te nach Barcelona, wo er nun ver­weil­te – doch um dort­hin zu kom­men, muss­te sie erst ein­mal aus dem Nordpfälzer Bergland zum Flughafen in Frankfurt, und das geht – zumin­dest mit den öffent­li­chen Verkehrsmitteln – nur über Kaiserslautern. Eigentlich woll­te sie nur wis­sen, wann denn ein Bus nach Kaiserslautern füh­re. An einem Sonntag. … Anstatt sie auf den nächs­ten Tag zu ver­trös­ten, haben wir sie dann ein­fach mit­ge­nom­men bis zum nächs­ten Bahnhof mit Verkehr an einem Sonntag. Das Konzept „Ruftaxi“ (Ich rufe jetzt wen an, damit jemand in knapp zwei Stunden zu einem in einem Aushang ste­hen­den Zeitpunkt vor­bei­kommt und mich gegen Erwerb eines Fahrscheins auf einer vor­ge­ge­be­nen Route an ein gewünsch­tes Ziel bringt.) ist ja so schon abstrus genug, selbst wenn man die glei­che Sprache wie das Fahrpersonal spricht. Am Ende der Fahrt kann­ten wir ihre Geschichte und ihre Kinder und sie hat­te ein Ticket für die Bahn und einen Fahrplan. Zum Hotel in Kaiserslautern dürf­te sie es geschafft haben, denn das war viel­leicht fünf Minuten vom Hauptbahnhof ent­fernt. Morgen geht es für sie dann wei­ter nach Frankfurt. Sie will wie­der Bus fah­ren. Mit ihrer offe­nen und zuge­wand­ten Art wird sie das schon schaffen.

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Montag, 21. Oktober – The reports of my death…

… have been great­ly exag­ge­ra­ted. Es gab ledig­lich ein biss­chen zu viel zu leben und ein biss­chen zu wenig Zeit zum Schreiben.

Um mal ein paar Highlights der letz­ten Wochen anzureißen:

Da war das Meeting, das ver­scho­ben wur­de, des­sen Verschiebung aber eben­falls ver­scho­ben wur­de. Zwei Tage im Büro für umme. Nein, nicht für umme. Für ein Stimmungsbild aus ers­ter Hand. Und für die Werbungskosten.

Da war eine erwart­ba­re, aber den­noch uner­war­te­te Kündigung.

Da war eine Tumorkonferenz mit Werner Hansch und Sabine Töpperwien. (Mein Kopf macht lus­ti­ge Dinge, wenn er will.)

Da war ein Bikefitting mit spon­ta­nem Ausflug ins Niederländische und ganz viel Pech beim Kniffeln.

Und da waren mal wie­der viel zu vie­le Brombeersträucher, nur unter­bro­chen von Rosen.

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