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Mittwoch, 31. Juli 2024 – Ungewohnte Betriebsamkeit

Gestern stand noch alles in den Sternen. Heute gab es einen Plan. Doch nichts ist mehr zum Scheitern ver­ur­teilt als ein gemach­ter Plan. Insofern ging nach dem Mittagessen doch nicht raus, son­dern blieb bei dem, was ich am Vormittag gemacht hat­te. Da war ein Lied, das ich tran­skri­bie­ren woll­te, um es per­spek­ti­visch arran­gie­ren zu kön­nen, und genau damit ver­trieb ich mir dann den Rest des Tages. Denn mer­ke: Off-Beat ist ein Scheiß-Beat, jeden­falls, wenn man ihn nach Gehör auf­schrei­ben muss.

Immerhin habe ich jetzt statt der ers­ten vier Takte alle knapp 120 Takte schwarz auf weiß ste­hen. Auch die ers­ten Akkorde haben ihren Weg dazu gefun­den und auch die ers­ten Töne der Begleitung sind notiert. Jetzt kann die Arbeit beginnen.


Wo wir schon bei Arbeit sind: An das Ausmaß an Zuvorkommenheit hier muss ich mich noch gewöh­nen. Ich kann mir zum Frühstück zwar den Teller selbst befül­len, einen Tee aber nicht selbst auf­ko­chen. Sobald ich nur die Sorte aus­ge­wählt habe, wird mir alles abge­nom­men. Das bin ich aus dem Land der SB-Tankstellen nicht gewöhnt.


Hatte ich es nicht ges­tern noch mit einem loka­len Guide? Turns out: Ich ken­ne wen aus mei­ner alten Heimat, der wen hier kennt. Ob sich dar­aus was ergibt? We’ll see. Das Internet ist noch immer ein magi­scher Ort.

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Dienstag, 30. Juli 2024 – Edinburgh is very hilly

(Wieder mal ein Titel, der auf etwas anspielt.)

Wie man ruhi­gen Gewissens in die­sen Zeiten noch flie­gen kann, ist mir ein klei­nes Rätsel. Ich kann es jeden­falls nicht. Und doch bin ich geflo­gen. Schlechten Gewissens, aber doch, und auch nicht aus eige­nem Antrieb.

Ergo bin ich jetzt in der Türkei, und auch wenn ich Urlaub dafür ein­ge­reicht habe und auch bis Freitag noch ein wenig Zeit zum Erkunden habe, so ist es doch nicht wirk­lich Urlaub, zumin­dest fühlt es sich nicht so an. Denn wen zieht es schon nach Ankara? Die meis­ten Urlaubenden aus Deutschland fin­den sich dann doch in Istanbul, an den Küsten oder in Kappadokien wie­der. Und war­um auch nicht? Es sind alles Orte, die einen sehr offen­sicht­li­chen Reiz haben. Ankara hingegen …

Ja, es ist die Hauptstadt. Aber sonst? Schon die Recherche im Internet ist müh­sam. Entweder wer­den die immer glei­chen drei bis fünf Attraktionen genannt, und man wird den Eindruck nicht los, dass die Seiten auch noch von­ein­an­der abge­schrie­ben haben – oder man ver­sumpft bei Wikivoyage, wo aller­lei Dinge genannt, aber nur in den aller­sel­tens­ten Fällen auch ver­linkt werden.

Findet man dann doch einen Link, soll­te man über die Qualität der nun anzu­tref­fen­den Webseite bes­ser einen Mantel des Schweigens legen. Wann und wo und wie und zu wel­chem Preis hier jeden­falls Busse fah­ren, lässt sich selbst mit viel Geduld kaum in Erfahrung bringen.

Wäre Ankara jetzt Kühbörncheshof, dann wäre mir das fast egal. Dort hält eh kein Bus, und dort leben auch nur 90 Leutchen. Doch Ankara ist die fuck­ing Hauptstadt der Türkei, in der mehr Menschen leben als in Köln und Berlin zusam­men. Das Saarland könn­te man zehn­mal in Ankara ver­ste­cken und dann hät­te man immer noch Platz für ein Wolfratshausen.

Hier steht die Villa des Staatsgründers Kemal Atatürk und hier wur­de er begra­ben. Hier steht das Parlament und eines der bedeu­tends­ten archäo­lo­gi­schen Museen. Doch zu Fuß und mit Türkisch-Sprachkenntnissen schlech­ter als Sprachniveau A2 fin­de es extrem her­aus­for­dernd, auch nur einen Hauch davon ent­de­cken zu kön­nen. (Das geht gegen dich, Duolingo. Ich habe bis jetzt noch kei­nen Grund gefun­den, jeman­dem zu sagen „Das ist eine klei­ne Schildkröte.“)

Apropos her­aus­for­dernd: Ankara hat mehr Hügel als Rom, Athen, Edinburgh und Seven Hills, Ohio, zusam­men, und jeder ein­zel­ne ist stei­ler als die Mauer von Geraardsbergen. Das macht bei drei­ßig Grad und Sonnenschein zwar kei­nen Spaß zu erlau­fen, sorgt aber immer mal wie­der für gran­dio­se Aus- und Einblicke.


PS: Das Fliegen kann eigent­lich weg. Den Großteil des Montags haben wir mit Warten ver­bracht, und wenn man dann um Mitternacht mit 180 Leute in einer geschlos­se­nen Kabine dar­auf war­tet star­ten zu dür­fen, wäh­rend man eigent­lich schon längst im Landeanflug sein soll­te, dann wünscht man sich über­all zu sein, nur nicht dort, wo die frisch ange­saug­te Außenluft kero­sin­ge­schwän­gert, die Rückenlehnen so dick wie ein Kronkorken und die flüs­ter­lei­sen neu­en Triebwerke ohren­be­täu­bend sind.

PPS: Das Einzige, was mich am Fliegen reizt, sind die Turbulenzen – aber für das Gefühl kann ich auch auf eine Achterbahn gehen.

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Sonntag, 28. Juli 2024 – While you’re busy

Ich kam dann doch noch an, irgend­wie. Ein Hoch auf das Bahnpersonal, das emsig Taxigutscheine erstell­te, jeden­falls für alle, die noch gebuch­te Verbindungen jen­seits des bum­meln­den ICE hat­ten. Lucky me.


Damit konn­te ich dann auch halb­wegs aus­ge­schla­fen einen 9‑Uhr-Termin wahr­neh­men. Wer sowas plant … 

Meine Idee war das nicht, aber hat­te auch nichts getan um ihn zu ver­hin­dern. Gelernt hab ich trotz­dem etwas.


Am Samstag woll­te dann ein Geburtstag gefei­ert wer­den, und das wur­de er auch. 

Alle ande­ren Pläne hin­ge­gen waren eher hin­fäl­lig, sieht man mal vom Prä-Urlaubs-Aktionismus ab. Die Melone muss­te weg – aber das wür­de sie am Sonntag auch noch müs­sen, und das muss­te sie auch.


Der Sonntag war dann fast schon ent­spannt. Es gab noch ein wenig Geschirr zu spü­len. Die Melone wur­de püriert und pas­siert und dank drei­er Limetten habe ich jetzt ein paar Gläser Gelee. So kann der Urlaub begin­nen. Wobei: Ihr sagt Urlaub, aber ich weiß ja nicht. So rich­ti­ges Urlaubsfeeling will sich bei mir noch nicht einstellen.

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Donnerstag, 25. Juli 2024 – Grund dafür ist eine Oberleitungsstörung

Manche Tage sind nur das Vorspiel. So erging es auch die­sem Mittwoch. Er war der Vorbereitung vor­be­hal­ten; der Vorbereitung auf den Donnerstag, und der Vorbereitung auf die nächs­te Woche.


Am Dienstag hat­te unser Chef einen spon­ta­nen Termin in der Firma für Donnerstag anbe­raumt. Es war kei­ne Pflichtveranstaltung, aber aus Gründen (ich sage nur „Betriebsrat“) war er mir so wich­tig, dass ich mich ent­schloss, eben­so spon­tan dafür in die Firma zu fah­ren. Dank diver­ser Bauarbeiten an der Schiene (ich sage nur „Riedbahnsperrung“ und „Generalsanierung“) brauch­te es aber mehr Planung als sonst, und so ent­schied ich mich, für weni­ger Stress am Donnerstag mein Rad schon am Mittwoch nach geta­ner Arbeit an den Hauptbahnhof zu brin­gen. Ginge alles nach Plan, wür­de ich es in der Nacht zu Freitag brau­chen werden.

Wo ich also schon mal gen Stadt auf­brach, konn­te ich auch noch ein paar Kleinigkeiten für die Woche in der Türkei orga­ni­sie­ren, unter ande­rem ein Wörterbuch. Damit – und mit mei­nen zwan­zig Vokabeln – wer­de ich hof­fent­lich zumin­dest bis aus dem Flughafen herauskommen.


Der Donnerstag fing somit eher an als geplant, wodurch ich nach einer guten Runde mit Frau Doktor Hund dann letzt­lich zu einer Zeit im Bus saß, zu der ich für gewöhn­lich gera­de ein­mal aus der Dusche käme. … Aber offen­sicht­lich hat­te ich im Live-Action-Rollenspiel „Reise mit der Bahn“ mal wie­der eine Pofalla-Wende erwür­felt, sodass ich schon ab Koblenz – bis wo noch alles völ­lig im Plan gewe­sen war – umpla­nen muss­te. Am Ende war ich zwar ohne Zeitverlust in der Firma, aller­dings um ein paar Öcken ärmer … und da war die Rückfahrt noch nicht ein­mal abzusehen.

Zur Arbeit in der Firma will ich nicht viel sagen, und auch zum Termin, der dann um 17 Uhr begann, will ich hier schwei­gen. Nur so viel: Es war eine gute Entscheidung, dar­an teil­zu­neh­men, auch wenn ich die sach­li­chen Informationen auch schon am Morgen in einem Videocall hät­te erfah­ren kön­nen – aber die Stimmung vor Ort war mir dann doch wichtiger.

Jetzt bin ich also auf der Rückfahrt, und so wie es aus­sieht, habe ich noch mehr net­te Bahn-Features erwür­felt. Eine unvoll­stän­di­ge Liste umfasst aktu­ell Bauarbeiten, vor­aus­fah­ren­de lang­sa­me­re Züge, eine Signalstörung, Gleislagefehler, defek­te Weichen und eine tech­ni­sche Störung am Zug – womit aller­dings nicht das Bordresturant gemeint ist, wel­ches aller­dings auch geschlos­sen hat.

Ob ich heu­te Nacht noch zu mei­nem Rad kom­me, steht in den Sternen. Wenn nicht, kann ich es in der aller­größ­ten Not auch akzep­tie­ren, eine Nacht in einem bahn­hofs­na­hen Hotel in Mannheim zu ver­brin­gen. Zwinkersmiley.

Dann käme ich zumin­dest vor halb zwei ins Bett. Jedenfalls wenn es bei der aktu­el­len Verspätung bleibt. 

Und doch: die Bahn ist und bleibt mein aller­liebs­tes Verkehrsmittel nach dem Rad.

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Dienstag, 23. Juli 2024 – We the dot watching people

Es wur­de dann doch span­nen­der als gedacht, dabei sind wir erst an Tag zwei des Transcontinental Race. Ich hat­te kaum hof­fen gewagt, aber am Ende kam dann doch ein Teilnehmer durch Kaiserslautern, und da ich die­se Zeilen aus­nahms­wei­se mal am Smartphone tipp­te, ras­te­ten zwei wei­te­re Teilnehmer in der Stadt und ein wei­te­rer nur weni­ge Kilometer ent­fernt auf einem Parkplatz in Mehlingen. Kinners, ist dat span­nend. Wenn ich doch nur die Zeit hät­te, auch nur einen der drei live und vor Ort anzufeuern.


Während sonst mon­tags die Hunde immer hart an ihren Geduld und ihrem Fokus arbei­ten müs­sen, durf­ten sie heu­te unter Aufsicht spie­len. Das war mal etwas ande­res, in die Kommentare unse­rer Trainerin ord­ne­ten das Spiel dann auch ver­ständ­lich ein. Kaum zu glau­ben, dass die­ser Hund, der vor einem Jahr noch nicht in Ruhe hin­ter ande­ren Hunde lau­fen konn­te, nun sou­ve­rän und völ­lig unter­schied­lich auf die sehr ver­schie­de­ne Hunde reagie­ren konnte.


Statt Schlaf gab es dann die von vie­len erwar­te­te ers­te Rede von Vizepräsidentin Kamala Harris vor Wahlkämpfenden in Wilmington, Delaware, wo Joe Biden seit Jahrzehnten zuhau­se ist. Die Bildübertragung bei CNN war kata­stro­phal … dass es so schlech­tes Internet außer­halb von Deutschland noch gibt … aber der Inhalt der Rede mach­te vie­les wett.

Natürlich war viel Pathos in der Rede, und doch! Erst dank­te Harris dem Präsidenten und pries sein sein Lebenswerk und vor allem sei­ne Präsidentschaft doch dann blick­te sie nach vor­ne und mach­te all die gro­ßen Themen auf.

Sie stell­te die Frage nach der Zukunft. Sie zeig­te die Gefahr einer zwei­ten Präsidentschaft von Bidens Vorgänger auf. Sie stell­te ihre Vision dage­gen. Sie tat das, was in allen Erste-Hilfe-Kursen gelehrt wird: Sie sprach die Leute an, for­der­te sie auf, selbst tätig zu werden.

Und was soll ich sagen: Nach Wochen der Ungewissheit habe ich end­lich wie­der etwas Hoffnung in mir spü­ren können.

“[We ]belie­ve in a brigh­ter future that makes room for all Americans.

“We belie­ve in a future whe­re every per­son has the oppor­tu­ni­ty not just to get by but to get ahead.

“We belie­ve in a future whe­re no child has to grow up in pover­ty; whe­re every per­son can buy a home, start a fami­ly, and build wealth; and whe­re every per­son has access to paid fami­ly lea­ve and afforda­ble childcare. 

“That’s the future we see.

“Together, we fight to build a nati­on whe­re every per­son has afforda­ble health care — ; whe­re every worker is paid fair­ly; and whe­re every seni­or can reti­re with dignity.”

– Kamala Harris

PS: Wer die Rede nach­le­sen will, kann das auf den Seiten des Weißen Hauses tun.


Heute ging es dann recht spon­tan auf die Base, also nach Ramstein. Es war kurz, aber inten­siv. Ich glau­be, ich muss das noch verarbeiten.